Zwischenstation München, 9.30 Uhr, Regen, neun Grad Außentemperatur. Aber ich bin in Deutschland und der Weg dorthin war gar nicht so steinig, wie ich befürchtet habe.
Tel Aviv, 2.45 Uhr, kein Regen, draußen ist es wärmer als neun Grad, jedenfalls ist mir wärmer mit meinem Schal, den beiden Jacken und dem Rucksack auf dem Rücken. Mein Handgepäck lasse ich eine Sekunde aus den Augen, um einen Gepäckwagen zu holen, schon fragt eine besorgte Mitreisende aus dem Serviceteaxi, wem das Gepäck gehöre. Aber keine Bange, ich bin ja da.
Der Flughafen ist übervoll. Nach Marcs Erzählungen habe ich mir so etwas wie einen gähnend leeren Flughafen vorgestellt, an dem Schwerverbrecher und Leute, die im Westjordanland waren, sofort erkannt und eingesackt werden. Das ist bei mir nicht der Fall, ich folge der Masse und warte wie alle anderen auch vor der ersten Sicherheitsüberprüfung.
Eine Sicherheitsbeamtin kommt vorbei, die üblichen Fragen, wo bist du gewesen, warum warst du hier (bei dieser kurzen Befragung erspare ich uns beiden die Details) und als sie den syrischen Stempel entdeckt, wird ein anderer Kollege gebeten, sich um mich zu kümmern. Auch er ist so freundlich, wie Israelis es sein können, stellt dieselben Fragen, was ich in Syrien gemacht habe, mit wem ich unterwegs gewesen bin, ob ich ihm bitte den Namen meines Verlobten nennen könne, aha, ein Deutscher also, na dann, weiter warten. Die Nummer, die er mir aufdrückt, ist die Fünf, die bekommen offenbar alle, die irgendwie weiter überprüft werden müssen. Das sind allein reisende Frauen wie ich, zwei Kumpels, die wirklich nicht so aussehen, als wären sie irgendwo in der Wildnis (zum Beispiel in der Nähe von Itamar, soll's alles schon gegeben haben) zelten gewesen, auch ein junges Paar – der Mann lächelt die ganze Zeit und trägt eine Leinenhose, da muss man ja misstrauisch werden.
Ich stehe also mit einem Haufen anderer zusammen, die alle wie ich nach München wollen und die keine Lust mehr aufs Warten haben. Denn es dauert lang, wenn jedes Gepäckstück vor den Augen aller ausgeräumt und nach explosivem Material untersucht wird. Neben mir werden Babywindeln und Schuhe mit Strasssteinchen ausgepackt, im Gegenzug zeige ich meinen neuen Duschvorhang vor und eine Karte, auf der detailliert Checkpoints, Siedlungen und Straßenblockaden im Westjordanland und in Gaza aufgezeichnet sind – ist der Flughafenbeamtin aber alles Wurscht, sie will nur möglichst viel auspacken, stellt keine Fragen, sondern wischt mit ihrem mysteriösen Sprengstofffinder in meinen Sachen herum. Hinterher bietet sie sogar an, mir beim Einpacken zu helfen und bringt mich zum Check-In. Ich bin verwirrt von so viel Höflichkeit.
Nach dem Check-In wartet nur noch die Kontrolle des Handgepäcks. Ein Thai vor mir hat seine Saftsammlung eingepackt, darf er nicht, klar. Bei mir stutzt der Beamte kurz bei der Dattelpaste, die mir Samar für die Osterkekse geschenkt hat. Ich darf sie behalten, aber er muss ein Loch durch die Verpackung stechen, kauf ich mir halt nächstes Jahr neue Paste, wenn die alte jetzt in ihrer löcherigen Verpackung anfängt zu schimmeln.
Ich bin selbst überrascht, aber das war's. Keine Extrabehandlung, nicht mal der Ansatz einer Befragung wie sie bei der Einreise durchgeführt wurde. Alles Routine, ich bin ein kleines Licht unter vielen – umso besser. Das einzig Unangenehme, das andere vielleicht nicht hatten, war mein blockierter Gepäckwagen, der nur nach links fahren wollte und ein blöder Franzose, der sich frech vorgedrängt hat und nach meinem Kommentar, das sei nicht sehr höflich, wo doch alle hier lang warten müssen, auch noch aggressiv wurde.
Fazit: Es mag manchmal so sein, dass der Abflug aus Israel schwieriger ist als ins Land einzureisen – bei mir war das nicht der Fall. Aber wenn ich das nächste Mal nach Israel reisen sollte, nehme ich vielleicht einen Koffer mit. Den kann man leichter ein- und auspacken.