Mittwoch, 20. April 2011

Alltag


Mein Haus, mein Block, meine Moschee: Wir wohnen im ersten Stock des Hauses, das genau vor der Moschee steht - die Gebetszeiten können wir gar nicht verpassen

Es mag vielleicht nicht den Anschein haben, aber es gibt ihn, diesen Alltag, obwohl den langweiligen Tagen immer wieder ein Strich durch die Rechnung gemacht wird, wenn zum Beispiel jemand von einer Wanderung erzählt, die stattfinden soll oder von einem Film oder von einer Hochzeit oder oder. Und schwupps wird man aus dem vermeintlichen Alltag wieder herausgerissen, obwohl man sich den langweiligen Tag schon so gut vorgeplant hat.

Waschtag: Da wir keine Leine auf dem Dach haben, müssen wir improvisieren - bringt auch ein bisschen Bewegung, sich immer unter der Leine durchzubücken

Mein Alltag beginnt gegen acht Uhr mit Frühstück, das durch zahlreiche Besuche, die uns mit Müsli versorgten, ein bisschen aus den Fugen geraten ist. Als ich ankam, bestand das Frühstück aus Brot und Hummus, ich habe es dann durch Schokocreme in Schwarz-Weiß erweitert, später kam Honig dazu und Tahina, ungesüßte Sesampaste.

Dass wir Weißbrot in Scheiben da hatten, lag auch an den Besuchern, denen war das Pitabrot schon nach wenigen Tagen zu doof

Nach dem Frühstück geht's zur Arbeit, früher zu dritt, heute häufiger allein. Allein zur Arbeit gehen, macht nicht so viel Spaß, der Fußweg dauert eine halbe Stunde und führt an vielen Männern und ihren Kommentaren vorbei, das heißt: Blicken ausweichen, Straßenseite wechseln und sich nicht den Morgen verderben lassen.

Die Arbeit im Büro gehört zu den langweiligeren Abschnitten im Alltag. Denn wer im Büro sitzt, hat gerade keinen spannenden Termin und erlebt keine spannende Geschichte, die er aufschreiben könnte. Wenn es allzu öde wird, hilft eine Runde durch die Altstadt und ein kleiner Plausch mit Tee beim Shopbesitzer nebenan. Durch den erfährt man dann vielleicht sogar, was gerade so in der Stadt läuft und bekommt neue Ideen.

Das Wohnzimmer: Viel Platz zum Sitzen, Quatschen, Karten spielen und Übernachten

Auf dem Nachhauseweg geht's dann noch kurz zum Gemüsemann, Sachen fürs Abendessen kaufen, an den Soldaten vorm Intercontinental vorbei, das passenderweise genau vor dem Eingang des Flüchtlingslagers steht, und ab nach Hause. Mit dem Ruf des Muezzin beginnt das Essen, danach zusammen sitzen, wahlweise mit Film oder ohne, telefonieren, manchmal sogar noch arbeiten und ins Bett.

Ein Blick aus dem Wohnzimmerfenster: Vollmond und Wachturmbeleuchtung strahlen um die Wette

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