Dienstag, 5. April 2011

Vom Paradies direkt nach Hebron

Wo einst Adam und Eva nach ihrem Rauswurf aus dem Paradies ihren Platz gefunden haben, leben auch heute die Menschen unter nicht ganz paradiesischen Umständen.

Direkt neben der Hauptstraße in der Altstadt erheben sich links die Häuser einer jüdischen Siedlung. Gitter schützen die Passanten vor Abfällen und allem anderen, was die Siedler aus dem Fenster werfen könnten

Hebron hat rund 200 000 Einwohner, 500 davon sind jüdische Siedler. Direkt im Stadtzentrum befinden sich fünf israelische Siedlungen, am Stadtrand wurden noch weitere, größere gebaut. So ist Hebron zweigeteilt, 80 Prozent des Stadtbezirks sind unter palästinensischer Kontrolle, 20 Prozent, die Teile der Altstadt und das für Juden wie Muslime wichtige Patriarchengrab einschließen, werden vom israelischen Militär kontrolliert.


Auf dem Weg durch die Stadt trafen wir Jamal, der sich in allen Winkeln Hebrons auskennt und von seinem Leben dort erzählte. Patrouillen durch die Stadt seien an der Tagesordnung, auch zu Hause bekommt Jamal häufiger Besuch von israelischen Soldaten, denn sein Haus steht in der Nähe des Patriarchengrabs, wo Abraham, Sara, Isaak, Rebekka, Jakob und Lea begraben sein sollen.

Hier ist kein Durchkommen mehr, seit Israelis das Ende der Straße verbarrikadierten, um die Siedlung zu schützen, die hinter dem verschlossenen Tor beginnt

Es ist schon eine absurde Situation, in der sich die Einwohner Hebrons befinden: Inmitten des arabischen Gewusels leben offensichtlich ultraorthodoxe Juden, die laut Jamal vom Staat Israel bezahlt werden, damit sie in Hebron die Stellung halten. Geschützt werden sie durch Mauern und Zäune aus Stacheldraht. Eine Straße, die Siedler regelmäßig benutzen, um zur Synagoge zu kommen, wird von Kameras überwacht, auf Wachtürmen und Hausdächern sitzen israelische Scharfschützen.

Das ehemalige arabische Haus rechts wird nun von israelischen Soldaten als Stützpunkt verwendet, um Menschen zu beobachten, die auf der Straße Richtung Siedlung gehen

Mittlerweile ist es in Hebron wohl relativ ruhig geworden, zu Zwischenfällen ist es seit längerer Zeit nicht mehr gekommen. Und wenn man sich das seltsame Gefühl wegdenkt, das einen beschleicht, wenn man die Soldaten patrouillieren sieht, kann man Hebron sogar auch einfach als schöne Stadt genießen: Herrschaftliche Gebäude stehen in der Altstadt, manche wurden schon von der internationalen Gemeinschaft renoviert, in kleinen Gassen sitzen Verkäufer in ihren bunten Länden und bieten Gewürze, Stoffe, Lederwaren an. Immerhin ist Hebron eine der ältesten durchgehend bewohnten Städte der Welt und, wie die Autoren des Reiseführers es so schön beschrieben, das "verborgene Juwel des Westjordanlandes".

In der einen Gebäudehälfte besuchen Muslime die Moschee, die andere Hälfte nutzen Juden als Synagoge - beiden sind die Gräber heilig, in denen Abraham, Isaak, Jakob, Rebekka und Lea liegen sollen

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