Sonntag, 17. April 2011

Palmsonntag in Jerusalem

Das Schönste, die Prozession mit Palmwedeln auf dem Ölberg, konnte ich leider nicht miterleben. Aber schon der Gottesdienst in der deutschen Gemeinde der lutherischen Erlöserkirche in Jerusalem hatte etwas Besonderes. Das Bild von Jesus auf seinem Esel passt einfach so gut in die Altstadt, das Gewusel, die Arbeiter, die ihre Karren durch die Menschenmange schieben - so könnte es damals auch gewesen sein.

Diese Mönche haben ihre eigene Palmwedelprozession schon vorgezogen und waren noch vor Gottesdienstzeit unterwegs

Probst Uwe Gräbe, zuständig für die evangelischen Einrichtungen in Israel, Palästina und Jordanien, sprach in einem Interview mit der Online-Redaktion der mitteldeutschen Kirchenzeitungen über sein "Gänsehaut-Gefühl" zur Osterzeit:

Wie begehen Sie als lutherischer Propst die Karwoche?
Wir haben während der ganzen Karwoche jeden Tag Passionsandachten. Zudem feiern wir am Gründonnerstag einen gemeinsamen internationalen Gottesdienst mit unseren arabischen und anderen internatio­nalen Partnern; danach gehen wir in ­einer Prozession zum Garten Gethsemane, kommen spät nach Hause, und haben am Karfreitag ganz früh schon wieder gemeinsam mit den Anglikanern eine Prozession auf der Via Dolorosa. Und dann natürlich den Karfreitagsgottesdienst am Nachmittag um 15 Uhr zur Todesstunde Jesu.

Wie werden Sie Ostern feiern?
Ostersonntag beginnen wir in aller Frühe mit einem Osternachtsgottesdienst oben auf dem Ölberg im Garten des Archäologischen Instituts mit Blick über die Judäische Wüste nach Osten. Dort stimmen wir dann das große Osterhalleluja an, wenn die Sonne gerade irgendwo über Amman aufgeht. Das ist eine ganz bewegende Erfahrung, gerade für die vielen ­jungen Leute, die Freiwilligen- und Zivildienst hier im Land leisten. Das macht eine Gänsehaut. Nach diesem Osternachtsgottesdienst frühstücken wir miteinander. Gestärkt wandern wir dann in der Gemeinschaft runter in die Altstadt. Hier gibt es abschließend den großen Hauptgottesdienst in der Erlöserkirche. Danach wird erst einmal geschlafen.

Erlebt man hier in der Konfliktregion Nahost die Karwoche und Ostern intensiver als anderswo?
Auf jeden Fall! Schon weil der politische Konflikt eigentlich immer mitschwingt. Ganz exemplarisch ist die Frage der Permits, der Passierscheine, für Christen. Es ist ja so, dass Menschen aus dem Westjordanland, besonders wenn sie zu einer bestimmten Altersgruppe gehören, es grundsätzlich sehr schwer haben, eine Erlaubnis zu bekommen, um auf diese Seite der Sperranlage zu gelangen. Zwar haben die Israelis eigentlich die Regelung, an hohen christlichen Feiertagen sehr freigiebig mit Permits zu sein, aber sie haben auf der anderen Seite ebenso die Regelung, zu den ganz hohen jüdischen Feiertagen, die Kontrollpunkte einfach zuzumachen. Und so kann es dann in der Karwoche und zu Ostern zu der Situation kommen, dass die Christen in Bethlehem zwar alle Passierscheine haben, aber dann trotzdem der Checkpoint zugemacht wird, weil gerade einer der Haupttage von Pessach ist.

Gibt das Fest der Auferstehung auch Hoffnung, dass es jemals zu einer guten Lösung des Konflikts kommt?
Sonst wären wir, glaube ich, nicht Christen. Ich erlebe es ganz oft mit Solidaritätsgruppen: Die kommen so richtig belastet hierher, haben vorher ganz viel studiert und wissen, der Nahostkonflikt ist so schwierig. Und dann haben sie oft so theoretische Überlegungen, die noch mehr Schwere im Raum verbreiten. Und ­dagegen zu erleben, dass die Menschen hier, die es wirklich am allerschwersten haben, am allerfröhlichsten das Osterhalleluja anstimmen können – das ist etwas, was durchaus überspringen sollte.

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