Dienstag, 22. März 2011

Begegnungen an Rahels Grab

Außerhalb der eingekeilten Stadt Bethlehem befindet sich (auf palästinensischem Gebiet) Rahels Grab, das für Juden, Christen und Muslime gleichermaßen heilig ist. Jakobs Lieblingsfrau Rahel liegt dort begraben.

Rahel starb, und Jakob begrub sie dort an der Straße nach Efrata, das jetzt Betlehem heißt. Er stellte auf ihrem Grab einen Denkstein auf; der steht dort noch heute als Grabmal Rahels. (Gen 35,20)

Um zum Grab zu gelangen, muss man durch den Checkpoint Bethlehem verlassen und dann an der Mauer entlangehen, bis israelische Soldaten einen aufhalten mit der Begründung, das Gehen durch die Anlage gefährde die Sicherheit. Die Lösung: Für die restlichen hundert Meter einen Bus bezahlen oder auf ein Privatauto warten, das einen freundlicherweise vor die Tür des Grabes bringt.

Um zum Grab zu gelangen, muss man durch die Betonschluchten fahren - Gehen ist verboten


Am Grab selbst ist nicht viel zu sehen. Männer dürfen in dem Schrein offenbar ein- und ausgehen, während Frauen sich in einen mit Stellwänden abgesperrten engen Gang quetschen. Es ist eine eigenartige Situation die Frauen zu sehen, wie sie weinend ihr Gesicht an die Heilige Schrift pressen, unablässig Gebete oder Bibelverse vor sich hin murmelnd.

Muslimen ist der Besuch der heiligen Stätte seit 1994 verboten, auch Touristen werden anscheinend nicht immer hineingelassen - wir haben Glück und dürfen uns das Grab ansehen.

Viel interessanter als Rahels Grab allerdings ist seine Atmosphäre: Eingeschlossen von zwei Betonmauern erinnert die Umgebung an eine Tiefgarage, das Gehetze von ultraorthodoxen in Schwarz gekleideten Juden mit einer Kopfbedeckung aus rundem Pelz, die mit vorgehaltener Hand an allen Frauen vorbeihetzen, um sie ja nicht ansehen zu müssen, macht die Situation nicht besser.


Eine jüdische Familie verhandelt den Preis für ein Taxi, das sie wieder hinausbringen soll


Wir fragen bei einer israelischen Reisegruppe an, ob der Bus uns aus diesem einbetonierten Platz herausfahren kann. Kann er nicht, es sitzen nur Juden drin, die unsere Anwesenheit als beschämend empfinden würden. Zwei weitere Touristinnen warten feixend mit uns. Eine streckt provozierend ihren Arm aus und berührt einen Juden, der gerade in den Bus einsteigen will, am Arm: "Excuse me, would you take a photo with me?" Der Mann bleibt stocksteif stehen, der Busfahrer erklärt versöhnlich, der Jude dürfe nicht mit der Frau reden.

Die Touristin, eine Serbin, die mit ihrer albanischen Freundin für einen zweiwöchigen Urlaub nach Israel gekommen ist, empfindet das als Beleidigung. Schon auf dem Hinflug, erzählt sie, seien die beiden am Flughafen gefilzt worden. Die Israelis fanden ihren Namen, Jasmin, verdächtig, weil auch arabische Frauen so heißen. Genauso mussten die beiden Freundinnen erklären, warum sie unterschiedliche Pässe haben, aber in Tschechien wohnen. Jasmin versuchte es mit einem nachvollziehbaren Beispiel: "You know, sometimes people from different countries that were ennemies become friends - like Palestinians and Israelis could be friends." Die knappe Antwort der Beamtin: "We aren't friends."

Möglicherweise provozierten die beiden Freundinnen die israelischen Beamten am Flughafen noch zusätzlich. Vor einem Inlandsflug von Elat nach Tel Aviv bekamen sie die israelische Rache zu spüren: Bis auf die Unterwäsche mussten sie sich ausziehen, Jasmins Freundin sollte ihr Passwort für den Computer herausgeben, wenn sie nicht den Flug verpassen wolle.

Die Serbin ist aufgebracht. Nach Israel, sagt sie, werde sie nicht so schnell zurückkehren. Die Beschwerdebriefe an Botschaften und Fluggesellschaft haben die beiden bereits geschrieben. Eine solche Demütigung wollen sie nicht so einfach durchgehen lassen. Und das nur, weil sie es wagten, auch die palästinensischen Gebiete besuchen zu wollen und den israelischen Standpunkt nicht vollkommen zu unterstützen.

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