1948 und nach dem Sechstagekrieg 1967 flohen Hunderttausende Palästinenser aus ihrer Heimat. Viele von ihnen leben heute im Libanon, in Jordanien oder in anderen arabischen Ländern in Flüchtlingscamps, die zwar längst keine Zeltstädte mehr sind, aber deren Charakter sich stark von den einheimischen Vierteln der Städte unterscheidet. In den meisten Ländern bilden Palästinenser eine Minderheit, außer in Jordanien haben sie keine staatsbürgerlichen Rechte.
In und um Bethlehem im Westjordanland gibt es drei solcher Flüchtlingslager: Daheishe, Beit Jibrin und Aida, in dem auch ich untergekommen bin. Äußerlich unterscheiden sich die Camps von den anderen Stadtvierteln vor allem durch ihre engen Gassen und die dicht an dicht gebauten Häuser.
Etwa 5000 Menschen leben im Aida Camp, die meisten sind jünger als 25. Alle Bewohner haben Zugang zu Wasser und Strom, dafür sind die Straßen kaputt, überall liegt Müll, Abwasserkanäle sind nicht besonders gut ausgebaut. Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) nennt als eines der größten Probleme im Aida wie auch in anderen Camps die hohe Arbeits- und Perspektivlosigkeit: 43 Prozent der Bewohner haben keine Arbeit.
Trotzdem begegnen wir in unserer nächsten Umgebung keinen hoffnungslosen Menschen. Im Gegenteil: Die Leute sind freundlich, offen und hilfsbereit. Bei unseren Nachbarn waren wir abends schon oft zu Besuch und auch die Frauenparty von letzter Woche fand bei einer netten Bewohnerin des Aida Camps statt.
Die Palästinenser hier haben etwas gemeinsam, was sie stärkt: Sie alle mussten irgendwann ihre Heimat verlassen, Dörfer, die heute oftmals nicht mehr existieren. Der Handala-Erfinder Naji al-Ali wurde beispielsweise in dem ehemals palästinensischen Dorf al-Schajara geboren, an dessen Stelle mittlerweile die jüdischen Siedlung Ilaniyya steht.
Die Liste ehemaliger palästinensischer Dörfer, die aus unterschiedlichen Gründen den Israelis weichen mussten, ist lang, Wikipedia listet etwa 500 Namen auf. Und obwohl die Vertreibung vor Jahrzehnten stattgefunden hat und nachfolgende Generationen längst an einem anderen Ort leben, führen die vertriebenen Menschen und deren Nachfahren ein Leben auf Abruf und bestehen auf ihrem Recht zurückkehren zu dürfen, das von Israel bis heute abgelehnt wird. Egal, ob ihr Haus noch steht oder ob sie ihr Heimatdorf je mit eigenen Augen gesehen haben - die Palästinenser im Flüchtlingscamp besitzen alle mit großer Sicherheit noch den einen Schlüssel, der für sie symbolisiert: Eines Tages werden wir nach Hause zurückkehren.
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