Walaja liegt nördlich von Bethlehem, im Tal beginnt Westjerusalem, nicht weit davon haben Israelis die Siedlungen Gilo und Har Gilo aufgebaut. Diese Siedlungen, so die offizielle israelische Ansage, gilt es vor palästinensischen Übergriffen zu schützen. Und für richtigen Schutz muss eine Mauer her. Im April 2010 fingen die Bauarbeiten an: Wo früher Mandeln, Avocados und Oliven wuchsen, prangt nun der erste Teil einer massiven Mauer aus Beton. Auch ein Pinienwäldchen musste weichen – alles offiziell aus Sicherheitsgründen.
Vor wenigen Jahren wuchsen hier noch Oliven und Mandeln, heute steht Shirin Al-Araj auf dem zukünftigen Weg der Mauer
Shirin Al-Araj ist wütend. Seit letztem Jahr kämpft die Bewohnerin von Walaja verbissen für einen Baustopp, das Land der palästinensischen Dorfbewohner will sie nicht so einfach den Israelis überlassen. „Sie wollen uns ersticken“, sagt die Aktivistin. „Wenn sie eine Mauer bauen wollen, warum verlängern sie nicht die, die sie ohnehin angefangen haben?“
Die östlich von Walaja gelegene jüdische Siedlung Gilo ist bereits teilweise von einer Mauer umgeben, doch die israelischen Behörden entschieden, den neuen Schutzwall zu versetzen. Doch Schutz, so Shirin Al-Araj, biete die Mauer ohnehin nicht, auf die Siedlungen schießen könne man von überall. Stattdessen provoziere das neue Betongemäuer bloß: „Das wird eine Freizeitbeschäftigung für unsere Kinder, die dann Steine gegen die Mauer werfen können.“
Wo unten der Zug fährt, verläuft die Grüne Linie, hier oben wollen Israelis die Mauer bauen
Viel schwerer als die vermeintliche israelische Provokation und der Verlust von Bäumen und Weidegebieten für Schafe wiegen indes die Konsequenzen für die Dorfbewohner: Nach Fertigstellung des Schutzwalls wäre der kleine Ort praktisch eingeschlossen von der Mauer, nur durch einen Checkpoint käme die arbeitende Bevölkerung, meist Angestellte in Jerusalemer Firmen und Banken, nach draußen. Das würde für viele das Ende bedeuten: „Allein im letzten Jahr blieb der Checkpoint in Bethlehem an 61 Tagen geschlossen“, erinnert sich Shirin al-Araj. Wer so oft im Büro fehlt, wird zwangsläufig entlassen. Die Folge: Immer mehr Menschen würden sich für einen Umzug entscheiden, außerhalb der Mauer, wo kein Checkpoint den Arbeitsweg erschwert. „Dann“, sagt Shirin bitter, „hätten sie erreicht, was sie wollen.“ Denn unbewohntes palästinensisches Land kann von Israelis wiederum zum Militärgebiet erklärt werden und den Palästinensern bliebe ein Stückchen weniger.
Am Sonntag entscheidet sich, ob der Fall Walaja das Oberste Gericht Israels erreichen wird. Es wäre wenigstens eine kleine Chance für eine gerechte Lösung. Doch selbst Shirin sieht wenig Hoffnung: „Wie viel wert ist mein Wort gegenüber ihrem?“
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